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    Interview Ebbo Trautner – RB Leipzig

    Ebbo Trautner hat über 35 Jahre beim VfB Stuttgart verbracht und dort neben großen Erfolgen als Spieler (UEFA Cup Finale 1989, Deutscher Meister 1992, DFB Pokalsieger 1997, Europapokal der Pokalsieger Finale 1998) auch einen sehr großen Anteil an der Torwartschmiede des VfB Stuttgart. Unter seiner Regie reiften Torhüter wie Timo Hildebrand Deutscher Meister 2007 mit dem VfB Stuttgart oder Sven Ulreich viermaliger Deutscher Meister, zweifacher DFB Pokalsieger mit dem FC Bayern München zu absoluten Spitzentorhütern ran. Auch der WM Held des Sommermärchens 2006 Jens Lehmann wurde von Ebbo Trautner trainiert, mittlerweile ist Ebbo bei RB Leipzig als Scout für den Torwartbereich zuständig. Wir von best1ones könnten kaum stolzer und dankbarer sein, einem solchen Experten exklusive Fragen stellen zu dürfen!

    Hallo Ebbo, in Deiner Laufbahn als Torwarttrainer hast Du bereits mit vielen Profitorhütern zusammen gearbeitet, darunter auch die ehemaligen Nationaltorhüter Jens Lehmann (WM Dritter 2006 in Deutschland) und Timo Hildebrand (Deutscher Meister 2007). Was zeichnet diese beiden sehr erfolgreichen Torhüter besonders aus, welchen Einblick kannst Du uns hier aus Deiner Arbeit mit ihnen geben?

    Beide Torhüter sind von der Spielweise in der Interpretation des Torwartspieles ziemlich identisch, aber vom Charakter und Mentalität ziemlich unterschiedlich gewesen.
    So hatte ich Timo schon in der U17 vom VfB Stuttgart unter meinen Fittichen und konnte ihn in einer entstehenden Beziehung ständig entwickeln und formen, während Jens schon als gestandener und überragender Torhüter in einem relativ hohen Alter zu uns nach Stuttgart kam und es letztendlich darum ging, ihn auf höchstmöglichem
    Leistungsniveau zu halten.
    Was beide auszeichnete war, dass sie sehr gut mitspielende Torhüter waren, das Spiel hervorragend lesen konnten und somit im Raum bei Steilpässen und Flanken, sowie in der Querpassverteidigung sehr gut agierten.
    Darüber hinaus waren beide fußballerisch in der Spieleröffnung, dem Schwerpunkt des heutigen Torwartspieles, bei dem man im Spiel die quantitativ meisten Aktionen hat, souverän, sicher und gut agierend.
    Jens hatte aufgrund seiner Körperkonstitution und Reichweite Vorteile gegenüber Timo im Schwerpunkt Torverteidigung, während Timo, der als Torhüter nicht gerade mit seinen 1,85m der Größte war, überragend in
    seinen Kurzreaktionen/Reflexen, insbesondere im 1vsTorwart, war.
    Und darin unterscheidet sich gerade auch sehr die Herangehensweise sowie das Trainieren und somit die tag tägliche Arbeit als Torwarttrainer.
    Zu aller erst sollte man einmal auf das Stärken/Schwächen Profil eines jeden einzelnen eingehen und unter Berücksichtigung des Anforderungsprofiles dementsprechend jeden so trainieren, dass er im Verbund mit der Mannschaft und deren ausgelegten Taktik, egal in welchem System, den TW zu bestmöglichen Leistungen und somit
    gewinnbringenden Ergebnissen zu bringen.
    Und genau deshalb bedarf es einer Herangehensweise, dass man dies nie aus einer Ideologie auf diktieren und abverlangen sollte, sondern mit seinem Schützling zusammen als Team oder Einheit erarbeiten muss.
    Genau dieses werfe ich momentan sehr vielen Kollegen meiner Zunft vor, weil sie oft mit aller Gewalt die Torhüter in eine Schablone des theoretischen Torwartspieles pressen um anschließend festzustellen, dass trotz allem engagierten Tun das richtig gute Ergebnis ausbleibt.
    So war bei Timo stets angesagt, ihn mit Übungen und ständig neuen und steigernden Trainingsreizen zu immer besseren Leistungen zu bringen, während bei Jens, der schon über seinen eigenen Übungs- und Trainingspool durch jahrelange Erarbeitung verfügte, diesen mehr zu begleiten und manchmal aus dann einer anderen und für ihn neuer
    Sichtweise dementsprechend Reize einzubringen, um seine Leistung höchst möglichst zu konservieren und beizubehalten.
    Jens war auf diesem Gebiet sehr selbstständig mit hoher Eigenmotivation und akribischen Vorgehensweise und bedurfte oft nur Hilfestellungen von mir als TW-Trainer, während man sich bei Timo als Lokomotive meistens
    vorspannen musste, um seine Bestleistungen heraus zu kitzeln und damit stetig voran zu bringen.

    Du warst lange Zeit beim VfB Stuttgart als Torwartkoordinator und Torwarttrainertätig und konntest Torhüter wie Bernd Leno (FC Arsenal London) und Sven Ulreich (FC Bayern München) in Ihrer Entwicklung zu Spitzentorhütern begleiten. Worin zeichnet sich in Deinen Augen eine so erfolgreiche Ausbildung im Torwartbereich aus, was muss hier gewährleistet werden?

    Länger war ich als TW-Trainer tätig. Die Position des Torwartkoordinators wurde erst später kreiert, als jemand geholt wurde und mich als TW-Trainer der Profis ersetzte.
    Eigentlich ist dies Frage der erfolgreichen Ausbildung ganz einfach zu beantworten:
    Es muss nämlich alles aus einem Guss sein, was Konzeption, Inhalt und Struktur anbelangt. Und deshalb muss ich hier zu allererst erwähnen, dass ich als damals verantwortlicher TW-Trainer, ausgehend von der Profiabteilung, dies nicht alleine schaffen konnte. Zusammen mit der damaligen NLZ-Leitung Frieder Schrof und Thomas Albeck und den TW-Trainern mit ihren Trainings- und Ausbildungsinhalten der U23 bis U10 formten wir die Torhüter, ich dabei auch wöchentlich mind. 3x im Schulkooperationstraining ab der U15, und somit auch die
    obengenannten Torhüter Sven Ulreich und Bernd Leno.
    Allerdings darf man in dieser Zeitepoche auch einen in höchster Spielklasse noch aktiven Odysseas Vlachodimos und viele andere Torhüter nicht vergessen.
    Dabei konnte ich mich komplett auf meine TW-Trainer verlassen, die mich auch stets bestens unterstützt haben. Und deshalb kann man zurecht behaupten, dass letztendlich alles aus einem Guss geschehen konnte.
    Meine TW-Trainer zum damaligen Zeitraum waren:
    Thomas Walter (U23), Martin Topp (U19), Wolfgang Krötz (U17/U16), Frank Welz (U15/U14)) und Walter Eschenbächer (U13 bis U10).
    Später kamen dann zur weiteren Spezialisierung Andreas Kronenberg für ein Jahr (U17) oder Steffen Krebs (U17) dazu. Beide mittlerweile TW-Trainer in der Bundesliga.
    Auch möchte ich Florian Eissler (U14), Matthias Birgler (U14), Pascal Borel (U16) und Christian Werner (U16) in
    diesem Zeitraum nicht vergessen.
    Mit diesen TW-Trainerteam konnte man bestens die Inhalte und Konzeption der TW-Ausbildung umsetzen. Das Ziel
    war, mind. 3 eigene Torhüter von max. 5 Torhütern im Aktivenbereich (Profimannschaft und U23) zu platzieren. Und dabei ist es unersetzbar, dass man eine zweite Mannschaft (U23) hat, die bestens Falls in der dann höchsten Liga spielt (3. Liga)
    Des Weiteren ist es sehr, sehr wichtig, dass man den jungen und auszubildenden Torhütern eine Wertschätzung von
    oberster Stelle gegenüber bringt. Dies bedeutet, dass man sich als oberster TW-Trainer der Profimannschaft auch um die Jungs höchstpersönlich kümmert, dass man mit ihnen immer wieder regelmäßig trainiert, alleine in einem Spezialtraining, je nach Leistungsstand auch mal bei der Profiabteilung, mindestens aber zusammen mit dem dann
    für ihn zuständigen TW-Trainer. Auch bei seiner Mannschaft, bei dem der Nachwuchstorhüter Woche für Woche ein Ergebnis im Wettkampf zu erzielen hat und somit einen wichtigen Auftrag ausführt.
    Zusätzlich sollte man meiner Ansicht nach so viele Spiele wie möglich live anschauen.
    Ist dies der Fall, bekommt man die jungen Torhüter mit ins Boot, sie fressen einem buchstäblich aus der Hand und eine positive Ausbildung wird gegeben sein.
    Und so haben wir das alle zusammen praktiziert.

    Du bist nun schon sehr lange im Torwartgeschäft tätig, inwieweit hat sich das Torwarttraining von früher zu heute gewandelt und was sind für Dich die wichtigsten Kriterien die ein junger Torwart heute mitbringen muss.

    Da ist ganz besonders die Gewichtung von Theorie und Praxis zu erwähnen. Im Verhältnis hat die Theorie stark zugenommen, die Praxis dagegen abgenommen. Aufgrund dessen wird viel zu sehr nach Statistiken und im Büro per Videoanalysen ausgebildet, anstatt wirklich unter körperlicher Anstrengung das TW-Spiel auf dem Platz in der „Echtzeithandlung“ zu verbessern.
    Natürlich gibt es heutzutage gegenüber früher die besseren technischen Möglichkeiten der Analysen, weil mittlerweile jeder TW-Trainer auch sein Training mit einer Kamera aufnimmt und deshalb auch sehr viel Zeit
    verwendet, richtige Sequenzen zusammenzustellen um diese mit seinem Schützling zu besprechen und zu analysieren.
    Dies gehört heute mittlerweile sicherlich auch dazu, aber letztendlich geht dabei sehr viel Zeit verloren, sich mit dem wichtigen ständigen Tun, Handeln und Ausführen im Training auf dem Platz zu beschäftigen und dadurch eine gewinnbringendere Ausbildung des Torhüters zu forcieren.
    Ein junger Torhüter muss so viele verschieden Techniken beherrschen, die im Wettkampf instinktiv und somit automatisch in Bruchteilen von Sekunde abzurufen sind. Da bedarf es eine große Anzahl von Wiederholungen, die dann auch mit dem richtigen Timing und Ausführungsqualität zu üben sind.
    Ich sehe aber sehr oft, selbst im professionellen Bereich, dass in einer relativ großen TW-Gruppe trainiert wird, teilweise mit 3 bis 5 Torhütern. Wie soll da eine große Wiederholungszahl gewährleistet werden? Zusätzlich fällt dabei auf, dass die TW-Trainer kaum noch auf das Tor schießen, schon gar nicht den entscheidenden und dann zu
    übenden Ball, mit dem dann notwendigen und entsprechenden vom Torhüter auszuführenden Bewegungsablauf.
    Den Nachwuchstorhütern wird zwar suggeriert, dass man fußtechnisch heutzutage auch gut schießen können muss, es keine allzu großen Wartezeiten zwischen den Übungen gibt und jeder stets aktiv in einer Übungsform involviert ist, letztendlich die Jungs aber zu einem Torhüter ausgebildet werden möchten und nicht gleichzeitig zu einem TW-
    Trainer. Man kann zwar bei diesen Übungen ein spielnahes TW-Training besser simulieren, aber letztendlich ist es dennoch oft sehr künstlich irgendwo hergeleitet und kann leider nur im Ansatz ein Spielsituation simulieren. Viel besser wäre es, die Torhüter vermehrt in Spielformen und Torabschlussformen der Mannschaft wieder zu integrieren.
    Stellt sich die Frage: Sind die TW-Trainer faul geworden? Zumindest sind viele TW-Trainer von heute ein wenig zum Bürohengst mutiert.
    Der Nachwuchstorwart von heute muss eine sehr große Eigenmotivation mitbringen, bei der er sich für eine gut verträgliche Belastungssteuerung so vorbereitet und entwickelt, dass er körperlich und athletisch so stabil ist, um eine hohe Wiederholungszahl im Training für seine instinktive Automatisierung im Wettkampf zu erzielen. Außerdem
    bedarf es des Willens, dass er im Training sehr bewusst trainiert und alles richtig machen möchte, auch wenn anfangs sich ein Ergebnis noch nicht sofort einstellt.
    Zusätzlich kann er die moderne Welt des Internets und der heutigen Medien nutzen, um sich selber und andere Torhüter immer wieder zu sehen und zu beobachten, um sich mit dem Torhüterspiel zu beschäftigen und deshalb auch auf diesem Weg sein Horizont der Erfahrungssammlung zu erweitern.

    Aktuell bist Du bei RB Leipzig als Scout für den Torwartbereich tätig, nach welchen Kriterien werden bei euch die Torhüter bewertet und welches Anforderungsprofil muss erfüllt werden um in die engere Auswahl zu kommen?

    Das Thema ist ziemlich komplex. Letztendlich unterscheidet sich aber das Anforderungsprofil nicht groß von anderen Vereinen. Da auch unsere Torhüter hauptsächlich die Bälle zu halten haben und somit wenig Gegentreffer kassieren sollten und im Spielaufbau fußballerisch sowie fußtechnisch was draufhaben müssen.
    Dies natürlich unter Berücksichtigung des jeweiligen Alters.
    Wichtigstes Augenmerk dabei ist, dass die Torhüter ein gutes Maß an Bewegungstalent besitzen und sich koordinativ rund, geschmeidig und flink bewegen. Also weit weg von plump, hölzern und träge.
    Auch spielt mittlerweile auch die Körperkonstitution eine große Rolle. Es bedarf einer gewissen Größe, die dann evtl. auch durch Prognosen per medizinischer Untersuchungen gemacht werden.
    Und da kann man letztendlich behaupten, dass bei dem Aufwand, den alle NLZ betreiben, schon einen Torhüter haben sollte, der im Aktivenbereich eine Mindestgröße von mittlerweile 1,86m erreicht.
    Dies bedeutet zwar noch lange nicht, dass es nicht auch kleinere Torhüter schaffen können, aber das Risiko mit dem finanziellen Aufwand einer Ausbildung ist den Top-NLZ zu hoch.
    Erst danach kommt, wieder abhängig von der jeweiligen Altersklasse, aber dennoch sehr wichtig und fast gleichauf zu dem vorher genannten Punkt des Bewegungstalentes, wie verhält sich der TW taktisch und kann ein Spiel lesen.
    Ist er dementsprechend ein gut mitspielender und agierender Torhüter, der auch mutig bei Flanken und Steilpässen
    aus seinem Tor kommt, um diese abzufangen bzw. abzulaufen.

    In Deiner Karriere hast Du viele große Momente und Erfolge feiern können, UEFA Cup Finale 1989, Deutscher Meister 1992, DFB Pokalsieger 1997 sowie das Finale 1998 des Europapokals der Pokalsieger, um nur einige genannt zu haben. An welche Momente erinnerst Du Dich besonders gern zurück?

    Als aktiver Torhüter:
    Das Erreichen des Finales im UEFA Cup gegen SSC Neapel.
    Was Außergewöhnliches wird immer das erste bestrittene Bundesligaspiel im November 1986 gegen SV Werder Bremen sein, dass mit 4:0 gewonnen wurde. Auch aufgrund deswegen habe ich meinen ersten Profivertrag ab dem 01.01.1987 unterschreiben dürfen.

    Als TW-Trainer:
    Die Deutsche Meisterschaft 2007. Was hier stets außergewöhnlich bleiben wird, dass Timo Hildebrand mit mir als TW-Trainer noch immer den „zu-
    Null-Rekord“ der Bundesliga hat. Der alte Rekord wurde von „uns“ am 04.10.03 beim Heimspiel des VfB Stuttgart gegen 1. FC Köln mit einem 0:0 gebrochen.
    Beide Trikots der außergewöhnlichen Momente hängen bei mir zuhause ungewaschen in meinem Büro mit
    „Originaldreck“.

    Ebbo, abschließend ein großes Dankeschön für diese tollen, spannenden und interessanten Einblicke und Erlebnisse die Du mit uns teilst und auch dass Du Dir diese Zeit für uns genommen hast!